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28. Oktober 2017

Angst ist ein schlechter Ratgeber

Flucht und Migration, weltweite Phänomene, die überall die Gemüter erhitzen. Die Menschen sind aus verschiedensten Gründen unterwegs, in Afrika, Asien, Zentralamerika, selbst in Europa, wo mit billigen Arbeitskräften aus Osteuropa Menschenhandel betrieben wird. Die Ursachen und Motive für Flucht und Migration sind komplex: Krieg, Terror, Folgen des Klimawandels, Hunger und Armut treiben Menschen dahin, wo sie die vage Hoffnung auf Sicherheit, Jobs, Bildung und ein menschenwürdiges Leben haben.Wir sehen aber überwiegend nur die Bilder von überfüllten Booten im Mittelmeer und vernehmen die Reaktionen der überforderten Politiker: Sicherung von Europas Außengrenzen, Wirtschaftsflüchtlinge, Bleiberecht, Rückführung, sichere Herkunftsländer, Eindämmung von massivem Asylmissbrauch, Obergrenze – all das sind zynische und nicht aufklärende Schlagwörter, die verängstigen und abwehren, statt zu informieren und zu integrieren. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Welche Rolle spielen dabei die Medien? Der Vorwurf, die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender hätten mit ihrer Wahlberichterstattung vor den Bundestagswahlen die AFD erst stark gemacht, ist nicht von der Hand zu weisen. Nicht die Sendezeit ist es, die den Themen Flüchtlinge und Islam gewidmet wurde, es ist die Art und Weise, wie berichtet und getalkshowed wurde: Unterhaltung statt Information, Schlagabtausch statt Zuhören, Verhöre statt Interviews, Quoten statt Bildungsauftrag. Wer wie AFD-Politiker/innen auf Angstmache und Ausgrenzung setzte, hatte sein (Gauland) oder ihr (Weidel) willkommenes Forum. Zugegeben, es ist mühsam, sich eingehender mit den vielen Konfliktursachen zu beschäftigen und dies dann dem breiten Publikum anschaulich nahe zu bringen.

In dieser Ausgabe von afrika süd berichtet Watipaso Mzungu aus Malawi über Flüchtlingslager in seinem Land, über Menschen, die aus Burundi, Ruanda, Kongo oder Somalia kommend ihr Glück in Malawi suchen. Wir erfahren von der Verlagerung des Konflikts zwischen Hutu und Tutsi in ein Flüchtlingscamp bei Lilongwe, wir lesen von der Angst der Malawier über wachsende Kriminalität durch Flüchtlinge, und wir hören von den gleichen Reflexen aus der Politik, Flüchtlingen mit der Repatriierung zu drohen, wenn sie die Gesetze des Landes nicht einhalten – eine Reportage über menschliche Schicksale, wie sie in vielen Ländern Afrikas, die Geflüchtete und Schutzsuchende mit größerer Selbstverständlichkeit aufnehmen als jeder europäische Staat, zur Normalität geworden sind. (Auszug Editorial)

Weitere Themen im aktuellen Afrika Süd-Heft:

Angola: Diktierter Wahlsieg der MPLA - Mosambik: Blick zurück im Zorn mit Kroll - Malawi: Verlagerte Konflikte u.a.

46. Jahrgang, Nr. 5, September/Oktober 2017

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