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5. Juli 2010

CfP: „Sicherheit und Entwicklungspolitik“

(Auszug aus dem CfP:) Die Entwicklungspolitik hat in den zwei Jahrzehnten seit Ende des Kalten Krieges wesentliche Veränderungen durchgemacht. Neben deutlichen geographischen Verschiebungen und der Ausweitung des Handlungsfeldes durch einen stärkeren Bezug von Konditionalität hinsichtlich der Entwicklung politischer Institutionen und der Korruptionsbekämpfung sowie weiteren Aktivitäten im Bereich der Good Governance steht dabei seit langem die Verknüpfung zwischen den Schlagwörtern 'Entwicklung' und 'Sicherheit' im Brennpunkt. Jüngeren Datums sind die strategischen Neubestimmungen im Kontext der Paris Declaration on Aid Effectiveness. Sieht man Entwicklungspolitik im Gesamtzusammenhang globalen Wandels, spricht einiges dafür, dass diese Veränderungen nicht nur der Legitimation eines häufig kritisierten Politikfeldes dienen; sie scheinen vielmehr auf einen Wandel globaler Interessenstrukturen zu reagieren. Derzeitige Entwicklungen verdeutlichen die Ambivalenz des semantischen Feldes 'Sicherheit', den Januskopf sozialer Ordnungen: Der Begriff verweist einerseits auf gesellschaftliche Kooperation und die Organisation von Solidarsystemen, und auf den Schutz vor Gewalt, impliziert anderseits aber auch immer Strukturen eines - ( im Idealfall legitimen) – Monopols staatlicher Gewaltanwendung, dessen Durchsetzung und konkrete Gestaltung bei aller - gleichfalls im Idealfall zu unterstellenden - Regelhaftigkeit letztlich doch mit der Ausübung von Gewalt und wiederum meist mit gewaltsamen Prozessen verbunden ist. Dies macht verständlich, wieso einerseits die Stichwörter Good Governance und Armutsbekämpfung ins Zentrum der entwicklungspolitischen Diskussion rückten, andererseits aber in Krisenregionen ein Primat des militärischen Sicherheitsanspruchs alle anderen Dimensionen, die einmal innerhalb eines erweiterten Sicherheitskonzeptes gedacht werden konnten, zu absorbieren droht. In den Vereinigten Staaten hat USAID bereits umfangreiche Programmteile (Kolumbien, Pakistan, Afghanistan) ganz der Logik von 'counterinsurgency programming' unterworfen. Die deutsche Variante zeigt sich anhand der neu akzentuierten Institutionalisierung militärisch-ziviler Zusammenarbeit im BMZ. Die Herausgeber laden ein zu Beiträgen u.a. zu den folgenden Themen: - Theoretische Interpretation des Wandels von Entwicklungspolitik insgesamt: z.B. durch den stärkeren Bezug auf Global-Governance-Prozesse, den Paris-Prozess, und in einzelnen Politikbereichen. - Zusammenhang von Sicherheits- und Entwicklungspolitik im Hinblick auf globale Ordnungsstrukturen. - Bedeutung globaler Ordnungsstrukturen für die Sicherung weltweiter ökonomischer Integration (Produktionsketten, Handel, Rohstoffe) und die Rolle von Sicherheits- und Entwicklungspolitik in diesem Zusammenhang. - Wahrnehmung und Neudefinition von Bedrohungen und Sicherheitsrisiken; Schnittstellen von Entwicklungs-, Außen- und Sicherheitspolitik; Sicherheitskonzepte der deutschen Bundesregierung, der EU, der USA. - Zusammenhänge zwischen sozioökonomischen Entwicklungsstrategien, Ansätzen mit Bezug auf menschliche Sicherheit und Menschenrechten. - Förderung von Good Governance und Implikationen im Hinblick auf die Wechselbeziehungen zwischen verantwortlicher Regierungsführung (Accountability) und Durchsetzung des Gewaltmonopols (Justiz, Polizei usw.). - Dimensionen und Konsequenzen des Postulats politischer Kohärenz. - Ansätze ziviler Konfliktbearbeitung und Krisenprävention. - Dynamik und Praxis der Beziehungen zwischen zivilen und militärischen Akteuren auf entwicklungspolitischen Feldern (Afghanistan, Kosovo, Darfur). - Wirkungen von Sicherheitspolitik, Konfliktbearbeitung und Krisenprävention; allgemeine Probleme von Evaluation und Wirkungsforschung besonders bei Interventionen zur Prävention und Bearbeitung von Konflikten. - Praxis militärischer Interventionen (NATO, UN) mit dem Anspruch des institutionellen und gesellschaftlichen Aufbaus. - GenderMainstreaming in der Sicherheitspolitik, Gender-Aspekte der oben benannten Themenschwerpunkte. - Teilnahme von Frauen bei Interventionen zur zivilen Konfliktbearbeitung, Krisenprävention und Wiederaufbau in Nach-Konfliktsituationen; Frauen in Interventionstruppen; Formen von Maskulinität in Krisen und Konflikten.

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