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10. Dezember 2018

Globaler Militarisierungsindex 2018 Europa: Trend zum Aufrüsten in Ost und West

Beinahe alle europäischen Staaten (Ost und West) geben mehr Geld für ihr Militär aus als noch im Vorjahr. Gestiegen sind auch die Anzahl des militärischen Personals und der Großwaffensysteme. Der Grlobale Militarisierungsindesx 2018 analysiert nicht nur diesen und andere regionale Trends, sondern untersucht weltweit auch mit Hilfe von Daten des Freedom House Index und des Polity IV Project das Verhältnis zwischen dem Militarisierungsgrad von Staaten und ihrem politischen System.

Im Zuge der russischen Annexion der Krim 2014 und des gewaltsamen Konflikts in der Ostukraine haben sich die Beziehungen zwischen der NATO und Russland massiv verschlechtert. Dies findet auch im GMI 2018 seinen Niederschlag. „Der US-amerikanische Druck auf die europäischen NATO-Staaten, ihre Militärhaushalte zu erhöhen, zeigt Auswirkungen“, kommentieren Mutschler und Bales, Autoren des GMI 2018, den Trend. In 25 der 28 EU-Mitgliedstaaten stieg die Militarisierung an. Die Anzahl des militärischen Personals und der Großwaffensysteme wuchs in vielen EU-Staaten teilweise deutlich. Angeschafft wurden vor allem mehr Panzer und gepanzerte Mannschaftstransporter. Speziell die östlichen NATO-Staaten bauten die Stärke der Streitkräfte aus.

Russland reduzierte zwar auf Grund seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage im Vergleich zum Vorjahr seine Militärausgaben deutlich. „Dennoch zählt Russland – wie in den Jahren zuvor - zu den weltweit am stärksten militarisierten Staaten (2018 GMI-Platz 6; 2017 GMI-Platz 4)“, stellen Max Mutschler und Marius Bales fest. „Das Misstrauen in Europa ist gewachsen. Große Militärmanöver wie im Jahr 2018 können als wechselseitige Demonstrationen militärischer Stärke verstanden werden“, erläutern die Autoren.

Der Militarisierungsgrad der Ukraine stieg um einen Platz auf Position 14, was den Militarisierungstrend seit 2014 fortsetzt. „Wir sehen diesen Trend im Zusammenhang mit der Entwicklung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, der gerade eine erneute Zuspitzung erlebt“, unterstreichen die Autoren.

Spitzenplätze der Militarisierung: Naher und Mittlerer Osten dominieren

Die Staaten Israel, Singapur, Armenien, Zypern, Südkorea, Russland, Griechenland, Jordanien, Brunei und Weißrussland führen den GMI 2018 an (Position 1 bis 10). „Diese Staaten stellen dem Militär im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Bereichen besonders viele Ressourcen zur Verfügung“, erläutern Max Mutschler und Marius Bales. Trotz zurückgehender Einnahmen aus dem Erdölhandel ist die Militarisierung im Nahen und Mittleren Osten im internationalen Vergleich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Alle Staaten dieser Region, mit Ausnahme des Iraks (Platz 41), sind unter den 30 am stärksten militarisierten Ländern der Welt zu finden. „Politische und religiöse Rivalitäten sowie mehrere bewaffneter Konflikte mit sehr hoher Intensität (u. a. im Jemen, Irak und Syrien)  sind die Treiber dieser hohen Militarisierung“, analysieren die Autoren.

Militarisierung und politisches System

Der diesjährige GMI betrachtet auch die möglicher Zusammenhänge zwischen besonders hoher beziehungsweise besonders niedriger Militarisierung und dem politischen System der betreffenden Staaten. Er bezieht sich dabei auf die Daten des Freedom House Index und des Polity IV Project am Center for Systemic Peace. Unter den besonders hoch militarisierten Staaten sind deutlich mehr unfreie Staaten und Autokratien zu finden, als unter den besonders gering militarisierten. „Eine mögliche Erklärung wäre, dass sich die autokratischen Eliten in unfreien Staaten oftmals auf ein starkes Militär stützen, um ihre Herrschaft zu sichern“, schätzen die Autoren ein. Dennoch entsteht ein ambivalentes Bild. „Ein niedriger Militarisierungsgrad geht umgekehrt nicht automatisch mit einem hohen Grad an Freiheit des politischen Systems einher, sondern deutet oft auf schwache staatliche Strukturen und dementsprechend geringere Kontrollmöglichkeiten des Staates hin“, erklären Max Mutschler und Marius Bales.

Der GMI

Der Globale Militarisierungsindex bildet alljährlich das relative Gewicht des Militärapparats von Staaten im jeweiligen Verhältnis zur Gesellschaft als Ganzes ab. Er stellt zum Beispiel die Militärausgaben ins Verhältnis zum BIP und den staatlichen Gesundheitsausgaben (Anteil am BIP). Der GMI 2018 umfasst 155 Staaten und basiert auf den aktuellsten vorliegenden Zahlen, in der Regel sind das die Daten des Jahres 2017. Der Index wird durch das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert.

Weitere Informationen zum GMI

Das BICC (Bonn International Center for Conversion – Internationales Konversionszentrum Bonn) ist ein außeruniversitärer Think Tank mit einem internationalen Mitarbeiterstab. Es wurde 1994 gegründet und ist Mitglied der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft. Der Forschungsdirektor des BICC hat eine Professur für Friedens- und Konfliktforschung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn inne. www.bicc.de