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25. Juli 2014

Interventionen zwischen Krieg und Ethik. Das Beispiel Mali

Fast zwanzig Jahre galt Mali vielen als Modell demokratischer Entwicklung in Subsahara-Afrika. Die beiden vergangenen Jahre offenbarten jedoch, wie brüchig diese Konstruktion war. Die Rebellion im Norden und Putschversuche im Süden führten zu internationalen Interventionen durch Frankreich, ECOWAS und die Vereinten Nationen. Auf der Grundlage mehrerer UN-Resolutionen ist auch die EU seit April 2013 in einem Einsatz in Mali, der u.a. Ausbildungshilfe und logistische Unterstützung für die malische Armee vorsieht. Einmal mehr soll eine komplexe Intervention in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt die Voraussetzung für eine politische Stabilisierung schaffen. Ist diese Form der Intervention Ausdruck
eines Formwandels des Krieges? Welche Politik verfolgen Frankreich und Deutschland in Mali? Welche Konzepte zur Reform des Sicherheitssektors kommen zur Anwendung und wie werden sie umgesetzt? Wie ist die Intervention der internationalen Gemeinschaft ethisch zu bewerten? Diese Fragen markieren den Rahmen für den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe von S+F.

 

Zunächst geht Hans-Georg Ehrhart der Frage nach, ob Mali ein Beispiel für einen Formenwandel von Gewalt bei internationalen Interventionen ist. Ihr liegt die These zugrunde, dass Aufstandsbekämpfung in eine postmoderne Phase
eingetreten ist, die alte und neue Methoden und Mittel der Kriegführung mit denen der Stabilisierung durch Abstützung auf eine Vielzahl von Unterstützern im Rahmen eines umfassenden Ansatzes kombiniert, um so den politischen Zweck zu möglichst geringen eigenen Kosten zu erreichen. Im Mittelpunkt seiner Analyse stehen Frankreich und die EU. Stefan Brüne befasst sich mit den historischen Hintergründen des Mali-Konflikts und dem erfolgreichen Ansatz Deutschlands in den 1990er
Jahren, mit dem Programm Mali-Nord einen entwicklungspolitischen Stabilisierungsbeitrag zu leisten, um vor dieser Folie die französische Intervention als kurzsichtig und auf die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus verengt zu kritisieren. Unverzichtbar seien eine international abgestimmte Langfriststrategie, eine realistische Beschreibung von Ziel und
Gegner und ein Bekenntnis zu politischen Lösungen.

 

Julian Junk geht auf die deutsche Mali-Politik ein. Er belegt anhand der Entscheidungsfindung, dass sich an dem traditionellen, historisch, normativ und institutionell begründeten außen- und sicherheitspolitischen Muster von
Entscheidungsträgheit nichts Wesentliches geändert hat. Er konstatiert einen Gestaltungsunwillen sowohl bezogen auf die Bereitschaft, sich stärker in den internationalen Entscheidungsprozess einzubringen als auch eine transparente
Debatte über Ziele und Interessen in der deutschen Öffentlichkeit zu führen.

 

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Die Rubrik Forum behandelt in diesem Heft die Frage:Früherkennung und zivile Krisenprävention: Wissenschaftlich unmöglich, politisch überflüssig? Beiträge von Jan Pospisil, Claus Neukirch, Angelika Spelten und Winfried Nachtwei.

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