Keine Rohstoffe aus Kriegsökonomien
pax christi Erklärung vom 10. Juli 2014 (Berlin): pax christi fordert eine rechtsverbindliche EU-Direktive zur verantwortungsvollen Beschaffung von Rohstoffen aus Konfliktregionen. Erklärung der Kommission Solidarität mit Zentralafrika. Der Osten der Demokratischen Republik Kongo ist reich an Rohstoffen, die über mafiöse Handelswege auf den Weltmarkt geschleust werden. Warlords, die den Zugriff auf den Gold-, Zinn- und Coltan-Abbau haben, fahren riesige Gewinne ein, mit denen sie wiederum Milizen finanzieren. Gerissene Waffenhändler liefern Kleinwaffen aus aller Welt höchst diskret gegen Bares. Diese Kriegsökonomie steht hinter den gewaltsamen Konflikten, die die DR Kongo nicht zur Ruhe kommen lassen.
Zusammen mit anderen Nichtregierungs-Organisationen setzt sich die pax christi-Kommission Solidarität mit Zentralafrika für eine rechtsverbindliche Regulierung von Rohstoffexporten aus Konfliktgebieten ein. Unternehmen sollen in die Verantwortung genommen werden und zwar über die gesamte Lieferkette bis zum Endverbraucher. Schon jetzt gibt es etwa mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und mehreren Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) einiges an gut gemeinten Initiativen, die sich in der Praxis aber als wenig taugliche Instrumente erwiesen haben.
Das Thema ist inzwischen im EU-Parlament angekommen, das im Februar 2014 eine Initiative für rechtsverbindliche Richtlinien für verantwortlichen Rohstoffimport aus Konfliktgebieten beschlossen hat. Einen Monat später hat daraufhin das EU-Handelsministerium die Vorlage einer EU-Direktive zum Thema „Rohstoffe und Konflikt“ vorgelegt, die sich allerdings vorläufig auf eine Art freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie beschränkt. Unklar ist noch, ob die Vorlage, deren Endfassung im EU-Parlament derzeit vorbereitet wird, nur für Rohstoffe aus der DR Kongo gilt oder allgemeine Geltung haben soll.
Treibende Kraft hinter dieser europäischen Initiative ist der US-amerikanische Dodd-Frank-Act 1502, der vorschreibt, dass bei den Rohstoffen Gold, Coltan, Wolfram und Zinn die Herkunftsangabe gegenüber der Börsenaufsicht und auch auf Verpackungen mitzuteilen ist. Die Folgen dieses amerikanischen Gesetzes werden unterschiedlich bewertet. Kritiker sehen eine Tabuisierung von Rohstoffankäufen aus der DR Kongo und beklagen, dass viele Kleinschürfer in Ihrer Existenz bedroht seien. Die Befürworter sehen hier zum ersten Mal ein wirksames Gesetz, um die mafiöse Finanzierung von gewaltsamen Konflikten in der DR Kongo auszuhebeln.
Das EU-Parlament verfolgt mit der Zertifizierung einen anderen Ansatz. Schon seit einigen Jahren versuchen immer mehr individuelle Rohstoffproduzenten in der DR Kongo, eine Zertifizierung ihrer Produkte als „konfliktfrei“ zu erwirken. Das deutsche Bundesinstitut für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) arbeitet seit einigen Jahren an dem Projekt der Zertifizierung von Bergwerken in der DR Kongo. Diese „sauberen“ Rohstoffe bekommen grünes Licht auf ihren Wegen zum Weltmarkt und zum Endverbraucher, weil mit ihnen keine Waffenkäufe finanziert oder Sold für Milizen gezahlt wird. Umgekehrt sollen die Regelungen für einen verantwortlichen Rohstoffimport den nicht-zertifizierten Rohstoffen den Weg auf die Weltmärkte versperren, so die Vorlage für das EU-Parlament.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat vor einiger Zeit eine Studie vom renommierten Öko-Institut erarbeiten lassen, gemäß der Transparenz vor allem auf den Wegen vom Bergwerk zu den Metallschmelzen („upstream due diligence“) hergestellt werden soll. Doch der nächste Schritt, nämlich der Weg des Metalls von der Schmelze bis zum Endverbraucher („downstream due diligence“) wird damit aus der unternehmerischen Verantwortung ausgeklammert. Der BDI hat für diesen Ansatz allerdings eine weitreichende Zusammenarbeit und auch finanzielle Mittel für diese „upstream due diligence“ angeboten.
Europa setzt, wenn es bei der Vorlage bleibt, auf freiwillige Regelungen für saubere Metalle, die mittel- und langfristig das Kaufverhalten beeinflussen. Firmen, die auf zertifizierte Lieferketten zurückgreifen, können damit werben und tun das auch schon.
Jedem Verbraucher sollte einleuchten, dass wir uns als Endverbraucher in Deutschland schuldig machen, wenn wir einen Teppich kaufen, der von Kinderhand geknüpft ist. Selbst wenn wir damit die Arbeitsbedingungen im Herstellerland erst einmal nicht direkt verändern, so übt der Konsument mit seinem Kaufverhalten doch Druck aus. Der Verbraucher beeinflusst mittel- und langfristig durch sein Kaufverhalten die Produzentenstrategien, wie etwa „fair trade“ und mit Abstrichen auch der Diamantenhandel nach dem Kimberley-Abkommen zeigen. Solche Regelungen muss es auch im Bereich von Rohstoffen aus Konfliktgebieten geben, die Friedensökonomie honorieren und Kriegsökonomie bestrafen. Die umfassende Zertifizierung durch unabhängige Kontrollinstitutionen hin zu mehr Verantwortung bei internationalen Warenströmen ist hier aus Sicht der Kommission Solidarität mit Zentralafrika der richtungsweisende Ansatz. Diese Zertifizierung muss sich in Zukunft auf immer mehr Rohstoffe aus Konfliktregionen erstrecken.