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1. Juli 2017

Leitlinien zur Krisenprävention: Zivil und militärisch

Bund für Soziale Verteidigung - Presseerklärung - 29. Juni 2017 - Kurz vor Ende der Legislaturperiode hat sich die Bundesregierung auf das Papier „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern. Leitlinien der Bundesregierung“ geeinigt. In Ergänzung des „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ des Verteidigungsministeriums gehe es – so heißt es auf der Website des Auswärtigen Amtes - in dem Papier „um einen gleichwertigen, primär zivilen Pfeiler deutscher Friedens- und Sicherheitspolitik.“

In einer ausführlichen Analyse hat der Bund für Soziale Verteidigung (BSV) das Papier gelesen und – verbunden mit Stellungnahmen anderer politischen Akteure – kritisch kommentiert. Der BSV begrüßt grundsätzlich, dass mit dem Papier ein wertegestütztes Leitbild der deutschen Politik im Bereich der Krisenprävention und Friedensförderung formuliert worden ist. Auch der Einbezug der Zivilgesellschaft in dem PeaceLab2016 (www.peacelab2016.de)  hat einige friedens- und sicherheitspolitische Expertise in das Papier eingebracht.

Freilich bleibt das Papier – so folgert Dr. Christine Schweitzer, Geschäftsführerin des BSV – bei einer sehr umfassenden, guten Analyse stehen, die sich an einem positiven Friedensbegriff und dem Schutz der Menschenrechte orientiere und in der die Zivilgesellschaft und insbesondere auch Frauen eine wichtige Rolle spielen müssten. Erfreulicherweise werde auch die Bedeutung des vom BSV in die politische Diskussion eingebrachten „Zivilen Peacekeepings „als erprobte Methodik, um Menschen vor Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen zu schützen“ (S. 21) erwähnt.

Der in dem Papier hervor blickende Vorrang für Prävention werde jedoch nur unzureichend in die praktische sicherheits- und friedenspolitische Strategie umgesetzt. „Zivile Instrumente“, so erklärt Stephan Brües, Ko-Vorsitzender des BSV, „werden nicht als Alternative zu militärischen Herangehensweisen gedacht, sondern als Ergänzung in einem vernetzten Ansatz“. Dabei werde ausgeblendet, dass die militärischen Einsätze ihren eigenen Anteil an den Konflikten haben. „Hier fallen der hehre Anspruch und die gängige Praxis der Politik, das eigene militärische und von Partikularinteressen geleitete Handeln nicht zu hinterfragen, auseinander“, ergänzt Schweitzer.

In den Leitlinien gibt es, anders als im Weißbuch zur Sicherheitspolitik und Zukunft der Bundeswehr von 2016, keine finanziellen Zielvorgaben. Sie fehlen auch bei den gegenwärtigen Planungen zu den Haushalten der kommenden Jahre. So möchte die derzeitige Bundesregierung den Haushalt des Verteidigungsministeriums bis 2021 um 8,3 Milliarden Euro erhöhen, während die Mittel des Auswärtigen Amts für Humanitäre Hilfe und Krisenprävention lediglich 2018 lediglich „in Höhe von 1,5 Mrd. Euro fortgeführt“ werden sollen (Vgl. www.Bundesfinanzministerium.de).  Die Mittel für das Entwicklungsministerium sollen leicht erhöht werden und auf 8,7 Milliarden Euro 2018 steigen. „Der gesamte Entwicklungshaushalt 2018 beträgt etwa so viel wie die zusätzlichen Milliarden für die Verteidigung bis 2021 -ein Vorrang für Zivile Krisenprävention sieht anders aus“, kritisiert Brües. Der Bund für Soziale Verteidigung fordert, die Ausgaben für Verteidigung zugunsten einer deutlichen Steigerung der Ausgaben für zivile Krisenprävention und Entwicklung zu reduzieren. „Wenn die neue Bundesregierung, wer immer sie stellen wird, pro Jahr auch nur 50 Millionen Euro für Ziviles Peacekeeping einstellen würde, dann könnte dieses Instrument wesentlich ausgebaut werden. Zu viele Projekte des Zivilen Peacekeepings scheitern schon in der Planungsphase an mangelnder Finanzierung“, so Christine Schweitzer.

Die Friedensbewegung – so resümiert Christine Schweitzer – werde weiterhin kritisch beobachten, ob die Ansprüche und Selbstverpflichtungen der Leitlinien in die Praxis umgesetzt werden. Das erfülle zwar nicht die Forderung nach einer radikalen Umkehr der Politik im Sinne eines friedenslogischen Handelns, das auf militärische Mittel verzichtet, aber wäre trotzdem ein kleiner Schritt vorwärts.

BSV-Kommentar zu den Leitlinien

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