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22. April 2018

Menschlichkeit in einem unmenschlichen Krieg

Diakonie Katastrophenhilfe - Pressemitteilung - Berlin, 22. April 2018. Die Diakonie Katastrophenhilfe ruft die Teilnehmer der Brüsseler Syrien-Konferenz (24./25.4.) dazu auf, sich ernsthaft dafür einzusetzen, dass humanitäre Hilfe im ausreichenden Umfang geleistet werden kann. Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel, die erst vergangenen Monat in Syrien war: „Das Geld darf nicht nur ein weiteres mal mit großer Geste öffentlichkeitswirksam zugesagt werden, es muss auch nachprüfbar, verlässlich und kontinuierlich in konkrete humanitäre Hilfsprogramme vor Ort fließen.“ Es sei ein großes Problem, wenn Unterstützungsleistungen – etwa für chronisch Kranke - wochenlang unterbrochen werden müssten, weil die zugesagten Gelder nicht gezahlt werden.

Wegen mangelnder Zahlungsdisziplin der Gebernationen konnten UN-Organisationen zugesagte Mittel für lokale Hilfsorganisationen im ersten Quartal zum Teil gar nicht fließen lassen. „Das ist ein humanitäres Desaster und riesiger Skandal“, so Füllkrug-Weitzel. Im Sinne der Arbeitsteilung finanziert die Bundesregierung direkt nur in den Oppositionsgebieten in Syrien. In Regierungsgebieten wird ausschließlich über die UN finanziert. „Die UN sind aber machtlos und können aufgrund von Unterfinanzierung nur teil- und phasenweise helfen, weil andere Geberländer ihren Zusagen nicht nachkommen“, sagt Füllkrug-Weitzel. Das Geld müsse darum in größerem Umfang an Nichtregierungsorganisationen gegeben werden, die Hilfsprogramme verlässlich mit ihren Partnern vor Ort auch in regierungskontrollierten Gebieten umsetzen. „Organisationen wie die Diakonie Katastrophenhilfe werden von den lokalen Partnern gefragt, ob sie nicht die Lücke füllen können, wenn die UN ihre Zusagen an sie nicht halten können“, fährt Füllkrug-Weitzel fort.

Zudem müsse die Gebergemeinschaft in Brüssel nicht nur die dramatische humanitäre Krise in umkämpften Gebieten, sondern die Auswirkungen des Krieges auf das alltägliche Leben der Menschen im ganzen Land in den Fokus sämtlicher Bemühungen rücken. Die Folgen des Krieges sind in Syrien überall spürbar. Wirtschaft und Landwirtschaft sind am Boden. Mehr als 13 Millionen Syrerinnen und Syrer benötigen aktuell humanitäre Hilfe. Rund zwei Drittel der Bevölkerung gilt als extrem arm. „Helfer vor Ort versuchen unermüdlich, ein Stück Humanität in diesen unmenschlichen Konflikt zu bringen“, sagt Füllkrug-Weitzel, „dabei geht es eben nicht nur um den Schutz vor Bomben. Zu einem würdevollen Leben gehört auch, ein Dach über dem Kopf zu haben und sich nicht zwischen lebensnotwendiger Medizin und Essen entscheiden zu müssen.“

In Brüssel muss es auch zentral um die Beendigung ausländischer Interventionen und Waffenlieferungen in das Land gehen, sowie um eine Wiederbelebung der Friedensbemühungen. „Wir fordern von der Syrien-Konferenz ein klares, unmissverständliches Signal: Die Kämpfe müssen aufhören und der politische Prozess für einen alle gesellschaftlichen Gruppen und alle Regionen des Landes umfassenden Frieden muss endlich losgehen“, so Füllkrug-Weitzel. Nur so könne die Zivilbevölkerung wirklich geschützt und humanitären Helfern Zugang zu allen Hilfsbedürftigen ermöglicht werden.

Die Diakonie Katastrophenhilfe versucht, die Folgen des Krieges auf die Menschen überall dort zu lindern, wo es ihr und den lokalen Partnern möglich ist. Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe: „Am meisten Sorgen bereiten uns auch im achten Kriegsjahr die über drei Millionen Menschen, die für uns als humanitäre Helfer nur schwer oder gar nicht erreichbar sind.“

Ab Dienstag richten die EU und die Vereinten Nationen die zweite internationale Syrien-Konferenz in Brüssel aus. Dabei soll es neben Möglichkeiten zur Förderung des Friedensprozesses vor allem um die humanitäre Hilfe vor Ort gehen. Die meisten Menschen in Syrien wurden in den vergangenen sieben Jahren Opfer von Gewalt oder Vertreibung.