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6. Januar 2015

Motto 2015: "Grenzerfahrung"

Pressemitteilung des Gesprächsforums Ökumenische FriedensDekade (4.12.2014) -  "Grenzerfahrung", so lautet das neue Motto der 36. Ökumenischen FriedensDekade, die im kommenden Jahr vom 8. bis 18. November 2015 bundesweit durchgeführt wird.

Unter dem Motto “Grenzerfahrung“ will die FriedensDekade die Erfahrung von immer mehr Menschen, die angesichts von Krieg und Gewalt zur Flucht gezwungen sind, in den Mittelpunkt von Gottesdiensten, Friedensgebeten und Informationsveranstaltungen stellen. Das Motto reflektiert die unmittelbaren Grenzerfahrungen, die Flüchtlinge aus Kriegsregionen an den europäischen Außengrenzen machen müssen. In Deutschland werden die Stimmen derer immer lauter, die bei der Aufnahme von nur wenigen zehntausend Flüchtlingen bereits von Unzumutbarkeit sprechen, während gleichzeitig ein Land wie der Libanon mit einer Bevölkerung von knapp über 4 Millionen über eine Million Flüchtlinge als Folge des Krieges in Syrien aufgenommen hat. Dass Deutschland und Europa an dieser Stelle die moralische Verantwortung nicht wahrnehmen, wie sie die Kirchen eingefordert haben, will die FriedensDekade im Jahr 2015 zum Thema machen. Zugleich soll unter dem Motto „Grenzerfahrung“ aber auch aufgezeigt werden, welche enormen (inter-)kulturellen Chancen sich aus der Aufnahme von Flüchtlingen und dem Zugehen auf Fremde ergeben können.

Solche Begegnungen mit Fremden können im interreligiösen Dialog, sei es unter Menschen unterschiedlicher christlicher Konfessionen oder unter Menschen mit anderem religiösen Hintergrund, zur Grenzerfahrung werden und sollten deswegen thematisiert werden. In der Kirche stößt man oftmals noch auf große Reserviertheit gegenüber interreligiösem Dialog und dem Ausbau der Ökumene. Die Ökumenische FriedensDekade möchte zum interreligiösen Austausch und zur Zusammenarbeit mit Muslimen auf den verschiedenen Ebenen ermutigen, um vorhandene Vorurteile und gegenseitige Ängste abzubauen.

Schließlich wird die Ökumenische FriedensDekade im Jahr 2015 die Frage nach den strukturellen Ursachen von Flucht, Ausländerfeindlichkeit und zunehmender Gewalt stellen. Auch die steigenden Ausgaben im Rüstungsbereich und die Waffenlieferungen in Krisenregionen werden in Frage gestellt. Mit der Auswahl des Mottos wird darüber hinaus problematisiert, dass diejenigen, die für eine zivile und gewaltfreie Lösung von Konflikten eintreten, sich zunehmend für ihr angeblich „unverantwortliches Verhalten“ rechtfertigen müssen, während diejenigen, die auf den Einsatz von (militärischer) Gewalt setzen, per se als die „Guten“ angesehen werden. Dies stellt friedensbewegte Kirchengemeinden und Menschen vor eine neue „Grenzerfahrung“. Die Diffamierung gewaltfreier Positionen erinnert an Argumentationsmuster vor Beginn des 1. Weltkrieges, als Menschen mit pazifistischen Positionen als „Vaterlandsverräter“ beschimpft wurden. Die Ökumenische FriedensDekade will diese beunruhigende Entwicklung unter dem Motto „Grenzerfahrung“ thematisieren und kritisch hinterfragen.

Die beiden Bibelstellen, an denen sich die Ökumenische FriedensDekade 2015 orientiert, sind das Gebet des Jona um Rettung (Jona 2, 3-10) und der barmherzige Samariter, der sich um seinen geschundenen Mitmenschen kümmert (Lukas 10, 25-37).

Ein wichtiges Anliegen der Ökumenischen FriedensDekade 2015 wird sein, unter dem Motto „Grenzerfahrung“ Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Grenzen überwunden und abgebaut werden können. Konkrete Beispiele und Handlungsanregungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, wie mit „Grenzerfahrung“ umgegangen werden kann, sollen zentraler Bestandteil der Arbeitsmaterialien zum Motto sein, die von der Ökumenischen FriedensDekade ab Mitte 2015 zur Verfügung gestellt werden.