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21. Februar 2007

Zehn Jahre 'Berliner Erklärung für einen Zivilen Friedensdienst' - Was wurde erreicht, was bleibt noch zu tun?

(Vollständiger Text der Presseerklärung:)
Vor zehn Jahren, am 22. Februar 1997, erschien die 'Berliner Erklärung für einen Zivilen Friedensdienst'. 'Konflikte sind unvermeidbar', heißt es darin, 'wichtig ist, dass sie mit friedlichen Mitteln produktiv ausgetragen werden. Die Mittel und Wege dazu, um deeskalierend und Gewalt mindernd, versöhnend und unterstützend auf Konflikte einzuwirken, sind erprobt und realisierbar. Dazu bedarf es jedoch einer professionellen Unterstützung durch eigens dafür ausgebildete Friedensfachkräfte.'

(Vollständiger Text der Presseerklärung:)
Vor zehn Jahren, am 22. Februar 1997, erschien die 'Berliner Erklärung für einen Zivilen Friedensdienst'. 'Konflikte sind unvermeidbar', heißt es darin, 'wichtig ist, dass sie mit friedlichen Mitteln produktiv ausgetragen werden. Die Mittel und Wege dazu, um deeskalierend und Gewalt mindernd, versöhnend und unterstützend auf Konflikte einzuwirken, sind erprobt und realisierbar. Dazu bedarf es jedoch einer professionellen Unterstützung durch eigens dafür ausgebildete Friedensfachkräfte.'
Die Ausbildung und Entsendung von Friedensfachkräften für Krisengebiete wurde als bedeutende Alternative zur Entsendung von militärischen Truppen betrachtet. Seitdem haben zehn Jahre zivilgesellschaftlicher Friedensarbeit bewiesen, wie Recht die Initiatoren unter der Federführung des 'Forums Ziviler Friedensdienst e.V.' damals hatten. Heute sind 140 von deutschen Nicht-Regierungsorganisationen entsandte Friedensfachkräfte in etwa 40 Ländern der Erde tätig. Gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen tragen sie dazu bei, Gewalt zu vermeiden oder zu vermindern, vorhandene Ansätze zur Verständigung und Friedenssicherung zu stärken und Strukturen einer funktionierenden Zivilgesellschaft aufzubauen. Das neue Konzept findet in vielen europäischen Ländern, ja weltweit Beachtung und Nachahmung.
Im Rückblick erscheint das Verabschiedungsdatum der 'Berliner Erklärung' als eigentlicher Durchbruch für die zivilgesellschaftliche Friedensarbeit. Und doch sind viele der damaligen Visionen bis heute uneingelöst geblieben, wie das 'Forum Ziviler Friedensdienst' anlässlich des 10. Jahrestages betont. 'Um in die Nähe einer tauglichen Größe zu gelangen', so der Vorsitzende Dr. Tilman Evers, 'müsste der Zivile Friedensdienst über die nächsten zehn Jahre auf das Fünffache seines jetzigen Umfangs erweitert werden. Der Finanzaufwand dafür wäre noch immer bescheiden: So viel hat allein der Kongo-Einsatz der Bundeswehr im Jahr 2006 gekostet.'
Bei Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul trifft das 'Forum Ziviler Friedensdienst' mit seinen Forderungen auf offene Ohren. Sie hat eine deutliche Aufstockung der Mittel für den Zivilen Friedensdienst angekündigt: Noch während ihrer Amtszeit strebe sie die Zahl von 500 Friedensfachkräften an. Um dieses Ziel binnen zwei Jahren erreichen zu können, muss allerdings der Haushalt 2008 von derzeit 17 Millionen auf 30 Millionen Euro erhöht werden.
Derzeit befinden sich etwa 10.000 Angehörige der Bundeswehr in Auslandseinsätzen - aber wie gesagt nur 140 zivile Friedensfachkräfte von Nicht-Regierungsorganisationen. Wären letztere rechtzeitig in ausreichender Zahl entsandt worden, hätte vermutlich so mancher Militäreinsatz vermieden werden können, und zwar schon vor dem Ausbruch von zerstörerischer Gewalt und zu einem Bruchteil der Kosten.
Die 'Berliner Erklärung' vom 22. Februar 1997 wurde unter dem Eindruck der Kriege im zerfallenden Jugoslawien erstellt. Zu den rund 200 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die das Dokument damals mit ihrer Unterschrift unterstützten, gehörten unter anderem Johannes Rau, Rita Süßmuth, Hildegard Hamm-Brücher, Joschka Fischer, Hans Koschnick, Lew Kopelew, Carl-Friedrich von Weizsäcker, Johan Galtung sowie die Bischöfe Wolfgang Huber und Hermann-Josef Spital. Sie schlossen sich der Forderung an, einen öffentlich geförderten und international vernetzten Zivilen Friedensdienst in nicht-staatlicher Trägerschaft einzurichten.
Getragen von diesem breiten Konsens in Politik und Gesellschaft gelang es, diese Forderung weitgehend in die Tat umzusetzen. Unmittelbar nach dem Regierungswechsel von 1998 schuf das Entwicklungsministerium die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen. Zwei Friedensverbände und sechs Entwicklungsdienste schlossen sich zu einem Träger-Konsortium zusammen.
Das in diesem Konsortium aktive 'Forum Ziviler Friedensdienst' mit Sitz in Bonn führt Projekte im ehemaligen Jugoslawien und im Nahen Osten durch. 2005 wurde es dafür mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet. Das Forum versteht sich als friedenspolitischer Mahner und verbindet dies auch mit einer Kritik an der Bundesregierung. Diese hat zivile Friedenseinsätze als vorrangig gegenüber militärischen Mitteln bezeichnet. Faktisch aber hat die alte ebenso wie die neue Bundesregierung in Krisensituationen überwiegend auf die Entsendung von Truppen gesetzt. Doch haben gerade Soldaten in Auslandseinsätzen bestätigt, dass sie bestenfalls Gewalt eindämmen, nicht aber Frieden schaffen könnten.
Das 'Forum Ziviler Friedensdienst' ist zur Durchführung seiner Qualifizierungsmaßnahmen, der Projekt- und der Lobbyarbeit auf Spenden angewiesen.