Versteckte Einschränkung des Asylrechts im Entwurf des Integrationsgesetzes grund- und menschenrechtswidrig
Deutsches Institut für Menschenrechte - Pressemitteilung - 1. Juni 2016 - Das Deutsche Institut für Menschenrechte kritisiert die im Entwurf des Integrationsgesetzes vorgesehene Änderung des § 29 Abs. 1 Nr. 4 Asylgesetz, die zu einer fundamentalen Beschneidung des Asylrechts führen könnte. Diese Regelung wurde nachträglich in den Entwurf aufgenommen und ist von der Bundesregierung bislang nicht öffentlich erwähnt worden.
Dazu erklärt das Institut: "Die Bundesregierung scheint mit einer Einzelregelung im Integrationsgesetz die Grundlage für eine gravierende Einschränkung des deutschen Asylrechts legen zu wollen. Der Gesetzentwurf sieht bisher vor, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein Drittstaat bereit ist, die Antrag stellende Person wieder aufzunehmen. Damit könnten Menschen ohne inhaltliche Prüfung ihres Asylantrags in Staaten, die nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union sind und die auch nicht als 'sichere Drittstaaten' im Sinne des Grundgesetzes anerkannt sind, abgeschoben werden. Auf diese Weise würden die hohen Hürden für die Einstufung von Staaten als 'sichere Drittstaaten' abgebaut. Eine solche Regelung wäre weder mit dem Recht auf Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes noch mit flüchtlings- und menschenrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen. Diese garantieren nämlich eine individuelle und unvoreingenommene Prüfung von Asylverfahren im Einzelfall.
Die Gesetzesbegründung gibt über die Zielrichtung der vorgesehenen Änderung keinen Aufschluss. Der Regelungsvorschlag könnte die Grundlage für den Abschluss eigener Rücknahmeübereinkommen Deutschlands für Schutzbedürftige nach dem Muster der EU-Türkei-Vereinbarung sein. Damit würden weitere Wege eröffnet, um in Deutschland ankommende Asylsuchende ohne inhaltliche Prüfung ihres Antrags in den außereuropäischen Raum abzuschieben – auch in Staaten, in denen ihr Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat und auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren nicht garantiert ist. Denn nach dem Wortlaut der Regelung soll es allein darauf ankommen, dass sich der Drittstaat zur Rücknahme der Flüchtlinge bereit erklärt.
Nach dem Entwurf soll die Anhörung zu der Frage, ob ein Asylantrag zulässig ist, zudem auf andere Behörden als das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übertragen werden können – also etwa nach kurzer Schulung auch auf Bundes- oder Landespolizisten.
Die vorgesehenen Änderungen sollten deshalb dringend aus dem Entwurf des Integrationsgesetzes gestrichen werden. Bereits am Freitag dieser Woche ist die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag geplant."