12. September 2025

Stellungnahme zum Bundeshaushalt 2026: Frieden fördern, Zukunft gestalten!

Eine Grundsatzentscheidung für Frieden und Sicherheit

Globale Krisendynamik erfordert entschlossenes Handeln

Die globale Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschärft. Das Friedensgutachten 2025 macht deutlich: Gewaltkonflikte nehmen zu, dauern länger an und enden seltener. Besonders, aber nicht nur in Regionen wie der Ukraine, in Gaza, im Sudan oder in Myanmar herrscht Gewalt in erschreckendem Ausmaß und sind Eskalationsdynamiken sichtbar, die die Stabilität ganzer Weltregionen gefährden. Auch strukturelle Risikofaktoren wie der fortschreitende Klimawandel und wachsende soziale Ungleichheiten verstärken Konflikte weltweit.

Die Folgen sind verheerend: Jede achte Person weltweit lebt in Kontexten gewaltsamer Konflikte. Mehr als 100 Millionen Menschen sind auf der Flucht - mehr als jemals zuvor. Gewaltkonflikte werfen die Weltgemeinschaft in zentralen Zukunftsfragen dramatisch zurück: Armut und Hunger nehmen zu, Gesundheitssysteme kollabieren, Bildungschancen sinken. Die Klimakrise verstärkt diese Dynamik zusätzlich.

Die Halbzeitbilanz der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) fällt entsprechend ernüchternd aus: Nur 35 % der Ziele sind auf Kurs, fast die Hälfte stagniert oder verzeichnet Rückschritte. Klar ist: Ohne Frieden sind weder Entwicklung noch Klimaschutz möglich.

Der Haushalt 2026 – erste Nagelprobe für die neue Bundesregierung

Mit dem Bundeshaushalt 2026 legt die schwarz-rote Bundesregierung vor diesem Hintergrund erstmals einen eigenen Haushaltsentwurf vor. Der Entwurf 2025 war noch weitgehend von der Vorgängerregierung übernommen worden; 2026 ist daher die erste echte Nagelprobe: Wie will die Bundesregierung Frieden und Sicherheit stärken? Und welche Bedeutung räumt sie dabei zivilen Instrumenten ein?

Die Antwort fällt ernüchternd aus: Der Entwurf 2026 setzt den Kürzungskurs der vergangenen Jahre fort. Während die Mittel für Verteidigung und Aufrüstung massiv steigen, sinken die Etats für zivile Krisenprävention, Stabilisierung, Friedensförderung und humanitäre Hilfe erneut. Damit wird eine fatale Prioritätensetzung sichtbar: Sicherheit wird primär militärisch verstanden, während zivile Instrumente, die für die Prävention von Gewaltkonflikten und für Konfliktbearbeitung und Friedensförderung unerlässlich sind, geschwächt werden.

Stetig weniger Geld trotz steigender Bedarfe

Schon in den letzten Jahren wurden in den Bereichen Krisenprävention, Friedensförderung, Entwicklung und Humanitäre Hilfe drastische Mittelkürzungen vorgenommen:

  • Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung (AA, Titel 687 34-029): Der Haushaltstitel soll 2026 – wie 2025 – auf 327 Mio. € sinken, nach rund 400 Mio. € in 2024 und 565 Mio. € im Jahr 2023. Dies steht im Widerspruch zu den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ sowie zur Nationalen Sicherheitsstrategie, die eine Stärkung ziviler Instrumente ausdrücklich verspricht.
  • BMZ-Etat (Einzelplan 23): Der Gesamthaushalt sinkt erneut – von knapp 10,3 Mrd. € in 2025 und 11,2 Mrd. € 2024 auf knapp 10 Mrd. € (2026). Besonders betroffen: der Titel Krisenbewältigung und Wiederaufbau mit 696 Mio. € (2026), nach über 1 Mrd. € im Jahr 2024. Damit fehlt Geld genau dort, wo präventive Investitionen entscheidend wären, um Konflikten vorzubeugen und fragile Regionen zu stabilisieren.

Damit zeigt sich ein klarer Trend: Deutschland zieht sich Schritt für Schritt aus seiner internationalen Verantwortung zurück – genau zu einer Zeit, in der mehr Investitionen dringend nötig wären.

Internationale Verpflichtungen geraten in Gefahr

Die Kürzungen stehen in eklatantem Widerspruch zu den internationalen Verpflichtungen, die deutsche Regierungen eingegangen sind:

  • Das Ziel, 0,7% der Wirtschaftsleistung in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren (ODA) wird deutlich verfehlt.
  • Die Bundesregierung hatte zugesagt, die Klimafinanzierung für einkommensschwache Länder bis 2025 auf jährlich mindestens 6 Mrd. € zu steigern – diese Zusage droht aufgegeben zu werden.
  • Mit Blick auf die Vereinten Nationen versprach die Bundesregierung in der „Nationalen Sicherheitsstrategie“, ihr Engagement in Krisenprävention, Friedensförderung und humanitärer Hilfe auszubauen. Der aktuelle Haushalt signalisiert das Gegenteil. Die erheblichen Kürzungen der VN-Beiträge im Haushalt 2025 sind angesichts der globalen Lage äußerst besorgniserregend und dürfen nicht weiter fortgeführt werden.
  • Der UN-Generalsekretär hat mit der „New Agenda for Peace“ einen ambitionierten Fahrplan für die Weiterentwicklung der internationalen Instrumente für Krisenprävention und Friedensforderung vorgelegt. Auch der UN-Zukunftspakt, der 2024 von einer Mehrzahl der Mitgliedstaaten verabschiedet wurde, enthält dafür wichtige Empfehlungen. Deutschland war an diesen Prozessen aktiv beteiligt. Jetzt geht es darum, konkrete Umsetzungsschritte mit finanziellen Ressourcen zu unterstützen. Ohne ausreichende Mittel bleiben diese wichtigen UN-Dokumente Papiertiger.

Wenn Deutschland diese Verantwortung nicht wahrnimmt, wird es nicht nur die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) und die Klimaziele verfehlen, sondern auch seine Glaubwürdigkeit als international verlässlicher Partner verlieren. Gerade nach dem Ausfall der US-amerikanischen Beiträge durch die Abwicklung von USAID ist die Weltgemeinschaft auf verlässliche Geber angewiesen. Auf Deutschland war in dieser Hinsicht bislang Verlass.

Investitionen in Prävention und Frieden sind kluge und weitsichtige Politik

Die Logik ist klar: Wer in Prävention investiert, spart Leid und Kosten in der Zukunft. Jeder Euro, der heute in Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung fließt, verhindert morgen Eskalation, Tod und Zerstörung, Leid und Fluchtbewegungen. So können kostspielige Wiederaufbaumaßnahmen vermieden werden. An dieser Stelle Mittel einzusparen, wie es die aktuelle Haushaltsplanung vorschlägt, ist kurzsichtig und hat langfristig fatale Konsequenzen.

Forderungen der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung

Die Plattform Zivile Konfliktbearbeitung appelliert daher eindringlich an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, den Haushaltsentwurf 2026 kritisch zu prüfen und im parlamentarischen Verfahren nachzubessern. Deutschland braucht eine kohärente, langfristige und glaubwürdige Friedenspolitik. Wir fordern:

  • Keine weiteren Kürzungen bei den Mitteln für Krisenprävention, Friedensförderung und humanitäre Hilfe – stattdessen Aufstockung angesichts wachsender Bedarfe.
  • Stärkung des Zivilen Friedensdienstes durch einen Aufwuchs, von mindestens 10 Mio. €, um Inflation auszugleichen und neue Einsatzfelder zu ermöglichen.
  • Verlässliche Klimafinanzierung und Investitionen in Environmental Peacebuilding, damit Konflikte um Ressourcen nicht eskalieren.
  • Die finanzielle Ausstattung für zivilgesellschaftliches Engagement für Frieden und Sicherheit zu stärken.
  • Mehrjährige, planbare Förderlinien für zivilgesellschaftliche Organisationen, um Finanzierungslücken und Handlungsunsicherheiten zu vermeiden.
  • Prüfung und Einführung eines Zuwendungsrechts Auslands.
  • Einhaltung internationaler Verpflichtungen wie das 0,7 %-Ziel und der SDGs.

Die Bundesregierung muss zeigen, dass sie bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Frieden fördern heißt Zukunft sichern – in Deutschland wie weltweit.

Übersicht: Entwicklung ausgesuchter Haushaltstitel 2023 – 2026

TitelSoll 2023
(Tsd. €)
Soll 2024
(Tsd. €)
Entwurf 2025
(nach Bereinigungssitzung) (Tsd. €)
Entwurf 2026
(Tsd. €)
Einzelplan 05
Auswärtiges Amt
Krisenprävention, Stabilisierung und
Friedensförderung (687 34-029)
565.616400.104327.081327.081
Humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland
(687 32-029)
2.708.0002.229.9951.048.0001.048.000
Einzelplan 23
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Krisenbewältigung und Wiederaufbau,
Infrastruktur (687 06-023)
1.238.63241.040.200722.467695.772
Ziviler Friedensdienst (687 72-023)60.00060.00066.00065.000