Ehrlichkeit ist das Gebot der Stunde. Beitrag der GKKE zur Auswertung des deutschen Einsatzes in Afghanistan
Am 29. Juni 2021 endete nach 20 Jahren offiziell der vom Bundestag mehrfach mandatierte militärische Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, die letzten Soldatinnen und Soldaten wurden mit der Evakuierung am 26. August abgezogen. Mit der Rückkehr der Taliban an die Macht endeten auch viele zivile Unterstützungs- und Aufbauprogramme, für die Mitarbeitende staatlicher und nicht-staatlicher Organisationen in Afghanistan im Einsatz waren.
Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland sind mit Menschen in Afghanistan auf vielfache Weise verbunden. Über Caritas International und die Diakonie Katastrophenhilfe beteiligen sich beide Kirchen an der humanitären Hilfe für Afghanistan. Misereor arbeitet in Afghanistan mit Partnerorganisationen in der Bildungsarbeit, im Gesundheitswesen, der ländlichen Entwicklung und in der Flüchtlingsarbeit. Brot für die Welt unterstützt Partner in den Nachbarstaaten, die mit lokalen zivilgesellschaftlichen Initiativen in Afghanistan arbeiten.
Beide Kirchen haben den Einsatz mit friedensethischen Reflexionen kritisch begleitet und in Akademien, Diskussionsveranstaltungen und Stellungnahmen die friedensethischen Implikationen des Einsatzes betrachtet. Die Katholische Militärseesorge und die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr haben Soldatinnen und Soldaten im Einsatz begleitet und dabei mit ihnen auch Fragen nach Sinn und Zweck des Einsatzes reflektiert. Die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr betreibt ein Programm zur Be-gleitung von einsatzbelasteten Menschen sowie ihrer Angehörigen, das auch zivilen Einsatzkräften offensteht.
Aus der bleibenden Verbundenheit mit den Menschen in Afghanistan, der Verantwortung gegen-über Soldatinnen und Soldaten und zivilen Einsatzkräften und im Sinne einer notwendigen Nacharbeit für alle, die in Afghanistan im Einsatz waren, wollen wir mit diesem Papier einen Beitrag zur Aufarbeitung des Einsatzes leisten. Wir beschränken uns dabei auf wesentliche Einsichten, die kirch-liche Akteure und Akteurinnen im Laufe des umfassenden Einsatzes gewonnen haben. Wir legen einen besonderen Wert auf die verschiedenen Ebenen des Einsatzes; wir wollen damit einer Fokus-sierung auf die militärischen Komponenten des Einsatzes entgegenwirken und den Blick auf weitergehende Erfahrungen lenken. Die spezifisch kirchlichen Perspektiven werden dabei in dem politi-schen und sicherheitspolitisch-militärischen Kontext betrachtet. Es sind Schlaglichter und sie erhe-ben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Für diese Stellungnahme wurden verschiedene Hearings veranstaltet, in denen Menschen aus Afghanistan und der afghanischen Diaspora ihre Sicht eingebracht haben. Darüber hinaus fanden Hearings mit Fachleuten aus Wissenschaft und politischer Beratung sowie mit Verantwortlichen aus der Politik, der Diplomatie und der Bundeswehr statt. Für alle Hearings wurde Vertraulichkeit vereinbart.