15. August 2022

Friedensbewegung mahnt Hilfen für die Bevölkerung und die Enquetekommission zum Afghanistankrieg an

Pressemitteilung der IPPNW

Ein Jahr nachdem mit der Evakuierungsoperation des Auswärtigen Amtes vom 16.-26. August 2021 aus Afghanistan auch für Deutschland der Krieg am Hindukusch endete, ist die Situation in Afghanistan katastrophal. Der hungernden Bevölkerung in Afghanistan muss dringend geholfen werden. Friedensinitativen fordern, das eingefrorene afghanische Staatsvermögen (sieben Milliarden US-Dollar in den USA und drei Milliarden in Europa) sofort freizugeben und den gesamten Kriegseinsatz aufzuarbeiten. Die am 8. Juli 2022 eingesetzte Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ solle unter anderem die völkerrechtlichen Verstöße der militärischen Interventionen in Afghanistan und in benachbarten Staaten aufklären.

Die Bilanz des Nato-Krieges, an dem Deutschland 20 Jahre beteiligt war, ist verheerend. Neben Hunderttausenden von Toten und Kriegsversehrten sind die Folgen der Militärintervention mehr Armut und Flüchtlinge sowie eine Hungersnot. 95 Prozent der schätzungsweise 39 Millionen Einwohner*innen Afghanistans haben laut UNO nicht genug zu essen. Mit einem Bruttosozialprodukt von 469 US-Dollar pro Kopf im Jahr 2021 gehört das Land nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Erde. Die Flüchtlingszahlen haben sich zwischen 2015 und 2021 auf 2,8 Millionen verdoppelt. Die Sicherheitslage bleibt besorgniserregend.

Schon vor der Machtübernahme durch die Taliban waren Frauen und Mädchen in Afghanistan geschlechtsspezifischer Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt, berichtet amnesty international. Zwischen Januar und Juni 2021 registrierte das afghanische Ministerium für Frauenangelegenheiten 1.518 Fälle von Gewalt gegen Frauen, darunter 33 Morde. Außerdem: Schläge, Belästigung, Zwangsprostitution, Verweigerung von Unterhaltszahlungen sowie Zwangs- und Frühverheiratungen.

Die Enquete-Kommission muss:
•  die völkerrechtlichen Verstöße der militärischen Interventionen in Afghanistan und in benachbarten Staaten aufklären
•  die von deutscher Seite verfolgten Ziele, deren Begründungen und die dahinter liegenden Interessen klären
•  die humanitären Folgen des NATO-Einsatzes, die Zahl der direkt durch Kriegshandlungen getöteten oder verwundeten Menschen, ggf. auch Hinweise auf die Täter erfassen
•  sowie die von Deutschland aufgebrachten finanziellen und materiellen Mittel für den Afghanistaneinsatz und damit zusammenhängende weitere Einsätze dokumentieren.

Sie muss die Frage beantworten, ob die Aussage des Bundesverteidigungsministeriums „es ging um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte… Zwei Jahrzehnte kämpfte die NATO für die Zukunft des Landes“ tatsächlich haltbar ist.

Schon jetzt müssen wir feststellen: Militärinterventionen dürfen kein Mittel deutscher Außenpolitik sein. Sie werden uns als vermeintlich schnelle Lösung präsentiert, um Ruhe und Sicherheit in einem fremden Land herzustellen – bringen aber wie im Fall Afghanistans vor allem Gewalt und Elend über die dortige Zivilbevölkerung.

Die Forderungen, was die Enquete-Kommission im Einzelnen untersuchen soll, finden Sie unter www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Forderungen_enquetekommission.pdf

Quellen:
unric.org/de/afghanistan21072022/
UndataApp zu Afghanistan
unama.unmissions.org/sites/default/files/sg_report_on_afghanistan_june_2021.pdf
www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/afghanistan-2021tion-23289082
www.bundeswehr.de/de/aktuelles/schwerpunkte/abzug-afghanistan
Kontakt:
Angelika Wilmen (IPPNW), Tel. 030 698074-13, E-Mail: wilmen@ippnw.de

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